Água-pé ist ein altes portugiesisches Getränk, das besonders im ländlichen Raum eine lange Tradition hat. Es handelt sich dabei um ein leicht alkoholisches Getränk, das aus den Resten der Weinherstellung entsteht. Schon im Mittelalter war Água-pé ein Symbol für Einfachheit und bäuerliche Lebensweise. Der Name bedeutet wörtlich „Fußwasser“, was auf die ursprüngliche Herstellungsmethode zurückgeht: Nach dem Keltern der Trauben wurde das übrig gebliebene Trester-Material (Mostrückstände, Schalen und Kerne) erneut mit Wasser übergossen, um einen zweiten, schwächeren Gärprozess zu erzeugen.
Im Gegensatz zum Wein, der meist den wohlhabenderen Familien vorbehalten war, blieb Água-pé das Getränk der Bauern und einfachen Leute. Es war günstig, erfrischend und perfekt geeignet, um auch nach der Weinlese noch etwas vom Geschmack des neuen Weins zu genießen. Besonders in Nord- und Zentralportugal war Água-pé über Jahrhunderte fester Bestandteil der bäuerlichen Kultur und wurde oft zu besonderen Anlässen getrunken – etwa bei den Feierlichkeiten zu São Martinho (St. Martin) am 11. November.
Herstellung von Água-pé – ein Nebenprodukt mit Charakter
Die Zubereitung von Água-pé beginnt, nachdem der eigentliche Weinmost abgepresst wurde. Übrig bleibt der sogenannte bagaço, der feste Rückstand aus Traubenschalen, Fruchtfleisch und Kernen. Um daraus Água-pé herzustellen, wird dieser Rückstand in einem Fass oder Bottich mit Wasser übergossen. Je nach Region und Vorliebe wird zusätzlich etwas Zucker oder ein kleiner Anteil des noch gärenden Weins hinzugegeben.
Dieser Ansatz bleibt einige Tage stehen, sodass eine milde Nachgärung stattfindet. Der Alkoholgehalt liegt dabei meist zwischen 1 % und 6 % – deutlich weniger als bei Wein. Das Getränk wird anschließend gefiltert und kann direkt getrunken oder kurz gelagert werden. Geschmacklich erinnert Água-pé an einen sehr leichten, fruchtigen Jungwein mit einer frischen, leicht säuerlichen Note.
Heute wird Água-pé nicht mehr nur auf Bauernhöfen hergestellt. Einige kleine Winzereien produzieren ihn traditionell weiter, um das kulturelle Erbe zu bewahren. Dennoch bleibt die Herstellung oft familiär geprägt – ein Ritual, das an die Zeit erinnert, als nichts verschwendet wurde und alles aus den Trauben genutzt wurde.
Bedeutung zu São Martinho
Der 11. November, der Martinstag (Dia de São Martinho), ist in Portugal untrennbar mit Água-pé verbunden. An diesem Tag feiert man den Beginn des neuen Weins, das Ende der Erntezeit und das Teilen des Überflusses. Der volkstümliche Spruch
„No dia de São Martinho, come-se castanhas, prova-se o vinho“
übersetzt bedeutet: Am Martinstag isst man Kastanien und probiert den neuen Wein.
Neben dem „vinho novo“ (junger Wein) ist Água-pé das traditionelle Getränk, das in vielen Regionen beim Kastanienbraten serviert wird. Diese Kombination aus gerösteten Kastanien (castanhas assadas) und Água-pé gilt als Inbegriff portugiesischer Herbsttradition. In Dörfern und Städten finden an diesem Tag zahlreiche Feste statt, bei denen Feuer entzündet, Kastanien gebraten und Água-pé ausgeschenkt wird.
Gerade auf dem Land, in Regionen wie Trás-os-Montes, Beira Alta oder dem Alentejo, gehört dieses Ritual fest zur Kultur. Familien und Freunde kommen zusammen, um die Ernte zu feiern und gemeinsam zu essen, zu trinken und Musik zu machen. Água-pé ist dabei nicht nur ein Getränk, sondern Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls und des ländlichen Lebensrhythmus.
Geschmack, Farbe und Alkoholgehalt
Água-pé ist ein leichtes Getränk, das sich geschmacklich zwischen Traubenmost und Wein bewegt. Die Farbe variiert – je nachdem, ob er aus roten oder weißen Trauben hergestellt wurde – zwischen hellgolden und rötlich-braun.
Der Alkoholgehalt bleibt niedrig, typischerweise zwischen 1 % und 6 %, wodurch das Getränk mild und erfrischend bleibt. Viele beschreiben den Geschmack als „weinähnlich, aber weicher und leichter“. Besonders gut passt Água-pé zu gerösteten Kastanien, herbstlichen Eintöpfen oder süßem Gebäck wie broas de milho (Maismehlkeksen).
Da Água-pé frisch getrunken wird und keine lange Haltbarkeit besitzt, ist er ein echtes Saisonprodukt – ein Getränk, das nach Herbst riecht und schmeckt.
Kulturelle und soziale Bedeutung
Água-pé ist weit mehr als nur ein Nebenprodukt der Weinherstellung – es ist Teil der portugiesischen Volkskultur. Über Generationen hinweg wurde er auf Bauernhöfen und in kleinen Dörfern als Symbol für Gemeinschaft, Einfachheit und Tradition gepflegt.
Früher galt es fast als Pflicht, zum Martinstag ein Fass mit Água-pé bereitzuhalten. Selbst Familien ohne Weinberge erhielten häufig ein wenig Traubentrester von Nachbarn oder Freunden, um ihr eigenes Getränk herzustellen. Der gemeinschaftliche Gedanke – das Teilen des Überflusses – war zentral.
Heute erlebt Água-pé eine gewisse Renaissance. Viele Portugiesen entdecken die alten Traditionen wieder und stellen ihn zu Hause her, um die Verbindung zur ländlichen Kultur zu bewahren. Einige Weingüter und landwirtschaftliche Museen widmen sich inzwischen der Dokumentation und Pflege dieser Tradition.
Moderne Wiederentdeckung
Während Água-pé lange Zeit als „Getränk der armen Leute“ galt, findet er heute wieder Beachtung – auch bei Touristen, die authentische portugiesische Erlebnisse suchen. In einigen Regionen, etwa im Douro-Tal oder im Alentejo, werden Führungen angeboten, bei denen Besucher die Herstellung von Água-pé miterleben und das Getränk verkosten können.
Auch in gastronomischen Betrieben, die sich auf traditionelle Küche spezialisiert haben, steht Água-pé zunehmend wieder auf der Karte. Serviert in kleinen Tonbechern, begleitet von gerösteten Kastanien oder chouriço assado (gegrillter Wurst), vermittelt er einen Eindruck vom einfachen, ursprünglichen Portugal.
Gesundheitliche Aspekte und Lagerung
Da Água-pé nur einen geringen Alkoholgehalt besitzt, wird er oft als bekömmlich beschrieben. Er enthält Reste natürlicher Traubenstoffe, darunter Antioxidantien und Spurenelemente, die auch im Wein vorkommen. Dennoch sollte er, wie jedes alkoholische Getränk, in Maßen genossen werden.
Água-pé wird in der Regel nicht lange gelagert. Nach einigen Wochen verliert er an Frische und Aroma. Am besten schmeckt er jung – innerhalb von zwei bis drei Wochen nach der Gärung. Früher wurde er in Tonkrügen oder Holzfässern aufbewahrt, heute meist in Glasflaschen oder Edelstahltanks.
Fazit: Ein Stück portugiesischer Herbstkultur
Água-pé ist ein Getränk, das wie kaum ein anderes mit der portugiesischen Lebensart verbunden ist. Es steht für Einfachheit, Gemeinschaft und den natürlichen Rhythmus der Jahreszeiten. In seiner Herstellung spiegelt sich der Respekt vor den Früchten der Erde – nichts wird verschwendet, alles wird genutzt.
Ob bei den Festen zu São Martinho, beim geselligen Abend mit Freunden oder auf einem traditionellen Markt – Água-pé gehört fest zum kulturellen Erbe Portugals. Wer das Land wirklich verstehen möchte, sollte ihn einmal probieren – am besten zusammen mit frisch gerösteten Kastanien unter einem klaren Herbsthimmel.
Weiterführende Links:
- São Martinho und Kastanien – Tradition in Portugal
- Vinho Verde: Der erfrischende Wein aus Portugal
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- Portugiesische Küche – die fünf wichtigsten Zutaten
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