Der 11. November ist in Portugal ein besonderer Tag, der als São Martinho gefeiert wird. Dieser Tag ist dem heiligen Martin von Tours gewidmet, einem beliebten Heiligen der katholischen Kirche, der für seine Großzügigkeit und seinen Einsatz für Bedürftige bekannt ist. Die Feierlichkeiten in Portugal verbinden Religion, Tradition und gesellige Zusammenkünfte und sind stark mit der Kastanienernte und dem neuen Wein verknüpft.
Die Legende von São Martinho
São Martinho war ein römischer Soldat, der einer Legende zufolge an einem kalten Wintertag seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte. Diese Tat der Nächstenliebe brachte ihn in der christlichen Welt große Verehrung ein. Der Legende nach klarte das Wetter unmittelbar nach seiner großzügigen Tat auf, und es wurde so mild, dass dieses Phänomen in Portugal bis heute als „Sommer des São Martinho“ (Verão de São Martinho) bezeichnet wird.
Der 11. November ist somit nicht nur ein kirchlicher Feiertag, sondern auch eine Gelegenheit, die Werte des Teilens und der Gemeinschaft zu feiern.
Kastanien und São Martinho: Eine untrennbare Verbindung
Ein zentraler Bestandteil der São-Martinho-Traditionen in Portugal sind Kastanien. Der Herbst ist die Zeit der Kastanienernte, und der 11. November markiert die Gelegenheit, diese saisonale Frucht in geselliger Runde zu genießen. Die Kastanien werden traditionell geröstet, was einen unverwechselbaren Duft erzeugt, der in dieser Zeit in den Straßen und auf den Festen allgegenwärtig ist.
Neben den gerösteten Kastanien gehört auch der junge Wein, der sogenannte „Água-pé“, zu den Feierlichkeiten. Dieser leichte, süße Wein wird aus den Resten der Weintrauben nach der ersten Pressung hergestellt und ist ein typisches Getränk zu São Martinho. Der Genuss von Kastanien und Água-pé wird oft von Musik und traditionellen Tänzen begleitet.
Die Bräuche und Feierlichkeiten in Portugal
São Martinho wird sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten gefeiert, wobei jede Region eigene Bräuche pflegt. Gemeinsam ist jedoch das gesellige Zusammensein, das Rösten von Kastanien und der Genuss von saisonalen Köstlichkeiten. Viele Gemeinden organisieren „Magustos“, kleine Feste, bei denen Familien und Freunde um ein offenes Feuer sitzen, Kastanien rösten und Geschichten erzählen.
In einigen Regionen findet eine Messe zu Ehren des Heiligen Martin statt, bei der traditionelle Trachten und Tänze eine wichtige Rolle spielen. Diese Feierlichkeiten bieten eine Gelegenheit, die lokalen Bräuche zu pflegen und an die jüngeren Generationen weiterzugeben.
Der kulturelle und wirtschaftliche Wert der Kastanien
Die Kastanie hat nicht nur kulturelle, sondern auch wirtschaftliche Bedeutung in Portugal. Insbesondere im Norden und im Landesinneren, wo Kastanienbäume weit verbreitet sind, stellen sie eine wichtige Einnahmequelle dar. Die Früchte werden nicht nur frisch verzehrt, sondern auch für die Zubereitung von Süßspeisen, Suppen und sogar Mehl verwendet.
Das jährliche São-Martinho-Fest trägt dazu bei, die Bedeutung der Kastanie als landwirtschaftliches Produkt zu betonen und den Verkauf auf Märkten und lokalen Festen anzukurbeln. Touristen schätzen diese authentische Erfahrung, was die Feierlichkeiten zu einem wichtigen Bestandteil des ländlichen Tourismus macht.
Traditionelle Zubereitungsmethoden
Geröstete Kastanien (Castanhas Assadas)
Geröstete Kastanien sind besonders in den Herbst- und Wintermonaten eine beliebte Delikatesse. Auf den Straßen portugiesischer Städte ist der Duft von gerösteten Kastanien während dieser Zeit allgegenwärtig.
Zubereitungsschritte:
- Kastanien werden eingeschnitten, damit sie beim Rösten nicht platzen.
- Sie werden in speziellen Pfannen mit Löchern (ähnlich wie Grillpfannen) oder in einem Holzofen geröstet.
- Nach dem Rösten bestreut man sie mit etwas grobem Salz, was den Geschmack intensiviert.
Gekochte Kastanien (Castanhas Cozidas)
Eine weitere einfache und traditionelle Methode ist das Kochen.
Zubereitungsschritte:
- Kastanien werden eingeschnitten und in einem Topf mit Wasser, einer Prise Salz und oft einem Lorbeerblatt oder einem Hauch Fenchel gekocht.
- Nach etwa 20 Minuten sind sie gar und können warm serviert werden.
Kastanienpüree (Puré de Castanhas)
In vielen portugiesischen Regionen wird Kastanienpüree als Beilage zu Fleischgerichten oder Wild serviert.
Zubereitungsschritte:
- Kastanien werden gekocht und anschließend geschält.
- Sie werden mit Butter, Milch, einer Prise Salz und oft etwas Muskatnuss püriert, bis eine cremige Konsistenz entsteht.
Kastanien in Hauptgerichten
Mit Fleisch oder Fisch
Kastanien werden häufig mit Fleischgerichten kombiniert, vor allem in der nördlichen Region Trás-os-Montes.
- Cozido com Castanhas: Eine herzhafte Eintopfvariante, bei der Kastanien mit Fleisch, Kohl und anderen Gemüsesorten gekocht werden.
- Kaninchen mit Kastanien (Coelho com Castanhas): Dieses traditionelle Gericht kombiniert die süße Note der Kastanien mit dem kräftigen Geschmack von Kaninchenfleisch.
Mit Bacalhau (Stockfisch)
Kastanien werden auch als Zutat für Bacalhau-Gerichte verwendet. Sie harmonieren gut mit dem salzigen Geschmack des Stockfischs und schaffen eine ausgewogene Kombination.
Kastanien in Desserts
Kastanien sind eine beliebte Zutat für portugiesische Süßspeisen.
- Kastanienkuchen (Bolo de Castanhas): Ein weicher Kuchen aus Kastanienmehl, Eiern, Zucker und oft einem Schuss Portwein.
- Kastaniencreme (Creme de Castanhas): Eine süße Creme aus Kastanienpüree, Zucker und Sahne, die häufig als Dessert oder als Füllung für Kuchen verwendet wird.
- Marrons Glacés: Die portugiesische Variante dieser süßen Kastanienkonfekte wird in den kälteren Monaten besonders geschätzt.
Moderne Variationen
In der modernen Küche Portugals experimentieren Köche zunehmend mit Kastanien. Sie finden sich als Zutat in Risottos, Salaten oder sogar in vegetarischen Burgern. Auch Kastanienmehl wird für glutenfreie Backwaren und Pasta immer beliebter.
Ein Fest der Gemeinschaft und Tradition
Der 11. November ist in Portugal mehr als nur ein Gedenktag für einen Heiligen. São Martinho symbolisiert die Wärme menschlicher Großzügigkeit, die Freude am Teilen und die Verbundenheit mit der Natur. Kastanien und junger Wein sind dabei die Hauptakteure, die das Fest zu einem besonderen Erlebnis machen.
Wenn Sie Portugal im Herbst besuchen, ist São Martinho eine wunderbare Gelegenheit, die kulturellen Traditionen des Landes hautnah zu erleben. Die geselligen Magustos und der Duft von frisch gerösteten Kastanien sind eine einzigartige Erinnerung an Portugals reiche Kultur und Herzlichkeit.
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