Am 25. April 1974 kam es in Portugal zu einem historischen Umbruch. Die sogenannte Nelkenrevolution beendete die längste Diktatur Europas fast ohne Blutvergießen. Die friedliche Revolution brachte Portugal auf den Weg zur Demokratie.
Diese Revolution war einzigartig: Während in vielen anderen Ländern Revolutionen mit Gewalt und Bürgerkriegen einhergingen, gelang in Portugal ein Regierungswechsel nahezu ohne Schüsse.
Hintergrund: Portugals Diktatur unter Salazar und Caetano
Von 1933 bis 1974 wurde Portugal autoritär regiert. Die Diktatur begann unter António de Oliveira Salazar mit dem sogenannten Estado Novo (Neuer Staat). Salazar etablierte ein repressives Regime mit Geheimpolizei (PIDE), Zensur und politischer Unterdrückung.
Nach einem Schlaganfall übernahm 1968 Marcello Caetano die Regierung. Trotz leichter Reformansätze blieb das System autoritär und unpopulär.
Ein zentraler Auslöser der Revolution waren die Kolonialkriege in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau. Zehntausende junge Männer wurden zum Militärdienst gezwungen. Diese Kriege belasteten die Wirtschaft und führten zu wachsendem Unmut, besonders unter den Offizieren.
Der Militärputsch vom 25. April 1974
In den frühen Morgenstunden des 25. April 1974 startete eine Gruppe von Offizieren, die sich Bewegung der Streitkräfte (MFA) nannte, einen unblutigen Putsch gegen das Regime.
Das Signal zum Beginn der Aktion war ein Lied: „Grândola, Vila Morena“, ein verbotenes Protestlied des Sängers Zeca Afonso, das im Radio gespielt wurde.
Tausende Bürger gingen auf die Straßen von Lissabon, um die Soldaten zu unterstützen. Frauen steckten den Soldaten rote Nelken in die Gewehrläufe – daher der Name Nelkenrevolution (portugiesisch: Revolução dos Cravos).
Die Soldaten nahmen zentrale Punkte der Hauptstadt ein: das Rundfunkgebäude, das Regierungsviertel, die Polizeizentralen.
Am selben Tag trat Caetano zurück. Er wurde ins Exil nach Brasilien geschickt. Die Revolution hatte gesiegt – ohne Massaker, ohne Vergeltung.
Die Rolle der Bevölkerung
Die Bevölkerung spielte eine zentrale Rolle bei der Revolution. Schon während des Umsturzes gingen Zehntausende auf die Straßen. Arbeiter, Studenten, Frauen, Bauern – viele begrüßten das Ende der Diktatur.
Bald entstanden überall Arbeiterkomitees, Nachbarschaftsräte und Landbesetzungen. Die Euphorie war groß, doch die nächsten Monate sollten turbulent werden.
Zwischen 1974 und 1976 kam es zu einem sogenannten „heißem Sommer“ mit politischen Unruhen, Besetzungen und Streiks.
Folgen der Nelkenrevolution 1974
1. Demokratisierung
Nach dem Umsturz begannen tiefgreifende politische Reformen. Die erste freie Wahl fand am 25. April 1975 statt – genau ein Jahr nach der Revolution.
Portugal verabschiedete 1976 eine demokratische Verfassung. Die Macht der Militärs wurde schrittweise zurückgedrängt.
2. Entkolonialisierung
Ein weiterer großer Umbruch war das Ende des portugiesischen Kolonialreichs. Binnen weniger Jahre entließ Portugal seine afrikanischen Kolonien in die Unabhängigkeit:
- Guinea-Bissau (1974)
- Mosambik (1975)
- Angola (1975)
- Kap Verde (1975)
- São Tomé und Príncipe (1975)
Dieser Prozess verlief nicht überall friedlich, doch Portugal zog sich rasch zurück.
3. Wirtschaftlicher Wandel
Kurz nach der Revolution wurden zahlreiche Banken, Unternehmen und Großgrundbesitze verstaatlicht. Doch viele dieser Maßnahmen waren kurzfristig und nicht tragfähig.
In den 1980er Jahren leitete Portugal eine wirtschaftliche Liberalisierung ein. 1986 trat das Land der Europäischen Gemeinschaft (heute EU) bei.
Langfristige Auswirkungen
Die Nelkenrevolution wird heute als Symbol für friedlichen Wandel gefeiert. Portugal wandelte sich innerhalb weniger Jahre von einer Diktatur zu einer stabilen Demokratie.
Die Demokratie ist in Portugal fest verankert. Regelmäßige Wahlen, Pressefreiheit und politische Vielfalt sind selbstverständlich.
Auch kulturell hatte die Revolution großen Einfluss. Sie ermöglichte freie Meinungsäußerung, neue Musikrichtungen, Literatur und eine offene Gesellschaft.
Zudem ist der 25. April heute ein nationaler Feiertag in Portugal: der Tag der Freiheit (Dia da Liberdade).
Warum die Nelkenrevolution 1974 bis heute relevant ist
Die Nelkenrevolution zeigt, dass politische Umbrüche friedlich möglich sind. Sie gilt als Vorbild für gewaltlose Übergänge in anderen Ländern.
In einer Zeit, in der weltweit autoritäre Tendenzen zunehmen, erinnert die Revolution daran, wie wichtig Demokratie, Freiheit und ziviles Engagement sind.
Für viele Portugiesen ist die Erinnerung an den 25. April Teil der nationalen Identität. In Schulen, Medien und öffentlichen Debatten spielt das Thema bis heute eine zentrale Rolle.
Ein friedlicher Neuanfang für Portugal
Die Nelkenrevolution war kein blutiger Umsturz, sondern ein kraftvoller, ziviler und mutiger Wandel. Sie beendete ein autoritäres Regime und öffnete Portugal den Weg zur Demokratie, Freiheit und Europäischer Integration.
Ohne sie wäre Portugal heute ein anderes Land. Sie zeigt eindrucksvoll, wie viel Kraft in friedlichem Widerstand und ziviler Einheit liegt.
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